08.07.2017 | General-Anzeiger Bonn | von Ingo Eisner
Sankt Augustin. Margrit Gies geht nach 23 Jahren beim „Karren“ in den Ruhestand. Der Sankt Augustiner Verein, der sich um behinderte Kinder kümmert, feiert am Samstag sein 35-jähriges Bestehen.
„Angefangen haben wir in einem Materialraum der evangelischen Kirche Sankt Augustin“, erinnert sich die gebürtige Berlinerin. Pfarrer Stephan Hünninger, der den Verein „Der Karren“ 1982 gründete und bis 2001 den Vorsitz inne hatte, war von Gies sofort beeindruckt, weil sie bei ihrer vorherigen Tätigkeit bei der „Lebenshilfe“ bereits mit vielen Familien und Eltern von behinderten Kindern Kontakte geknüpft hatte. Menschen mit Behinderungen zu unterstützen und zu helfen, dass sie ein selbstbestimmtes Leben führen können sind die Zielsetzungen des Vereins, und Gies hat als Koordinatorin der Familien-, Schul- und Kindergartenbegleitung in den vergangenen 23 Jahren dazu beigetragen, dass der Verein auf diesem Gebiet so erfolgreich arbeitet.
Selbstständigkeit von behinderten Kindern gefördert
Sie koordinierte beispielsweise die Dienste der Mitarbeiter, die behinderte Schüler in den Unterricht begleiten. Start für dieses Projekt des Vereins war 1997 an der Grundschule Pleiser Wald. Mittlerweile begleiten insgesamt 74 Mitarbeiter des „Karrens“ behinderte Schüler an zahlreichen Schulen. Für 26 dieser Mitarbeiter war Gies zuständig. „Ziel ist es, dass die Kinder mit Behinderung selbstständiger werden. Die Mitarbeiter sitzen in der Schule neben dem jeweiligen Kind und unterstützen es, weil es sonst nicht am Unterricht teilnehmen kann“, sagt „Karren“-Geschäftsführer Peter Stößel.
Wie erfolgreich die Arbeit des Vereins in diesem Bereich ist, belegen zahlreiche Fälle. „Ein Schüler, der vorher eine Körperbehindertenschule besucht hat, bestand vor zwei Jahren seinen Abschluss an der Mendener Realschule“, blickt Gies zurück. Ein junger Mann, den sie bereits von Kindesbeinen an kennt, schaffte am Gymnasium Alleestraße in Siegburg sogar sein Abitur und studiert mittlerweile Psychologie. „Über solche Beispiele freue ich mich natürlich sehr.“ Alles in allem 160 Mitarbeiter, die kreisweit unterwegs sind, beschäftigt der Verein „Der Karren“.
Männermangel bei den Bewerbern
Ob ambulante Betreuung von Menschen mit Behinderung oder die Betreuung von Behinderten-Wohngruppen: Die Aufgaben sind vielfältig. Seit fünf Jahren bietet der Verein zudem einen ambulanten Pflegedienst für Senioren an, allerdings nur im Sankt Augustiner Stadtgebiet. Dass die Zeiten, als noch Zivildienstleistende die Arbeit des „Karrens“ unterstützten, auch bei der Koordinierung der Dienste angenehmer waren, das bestätigen Stößel und Gies gerne. „Wir haben zwar vier junge Frauen, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr bei uns absolvieren, und auch für nächstes Jahr liegen vier Bewerbungen vor, aber es gibt keine Männer bei uns“, so Stößel mit Blick auf den Bundesfreiwilligendienst. „Vermutlich aufgrund des heutigen Leistungsdrucks nehmen sich viele junge Männer nicht mehr die Zeit zur Orientierung.“ Margrit Gies hat ihre Arbeit gerne gemacht, freut sich aber auch ein wenig auf den Ruhestand. „Da habe ich Zeit zum Klavierspielen, Malen und Reisen“, sagt Gies, die am 16. August ihren letzten Arbeitstag hat.
Mit einem Sommerfest begeht der Verein „Der Karren“ am Samstag, 8. Juli, ab 14 Uhr im Gemeindezentrum der evangelischen Kirchengemeinde Sankt Augustin, An den Drei Eichen, sein 35-jähriges Bestehen. Dann wird Margrit Gies offiziell verabschiedet.
Quelle: General-Anzeiger Bonn