02.08.2014 | Rundblick Sankt Augustin
Praxisluft schnuppern in sozialen Berufen
Regina Mahlberg berichtet über ihr Freiwilliges Soziales Jahr als Schulbegleiterin für eine behinderte Schülerin beim Karren e.V.
Für viele Schulabgänger des Jahrgangs 2014 ist die Frage weiterhin offen:„Was als Nächstes tun?“ Immer mehr junge Leute – um die 90.000 pro Jahr – entscheiden sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder einen Bundesfreiwilligendienst (BFD). Eine von ihnen ist Regina Mahlberg aus Niederkassel-Mondorf, die in den vergangenen zwölf Monaten beim diakonischen Verein Der Karren in Sankt Augustin tätig war, ihre Aufgabe: Sie unterstützte die achtzehnjährige L. in der Schule. L. ist körperlich schwerstbehindert und besuchte die Frida-Kahlo-Schule in Vilich. Immer wenn sie Hilfe beim Lesen, Schreiben oder Essen benötigte, stand ihr Schulbegleiterin Regina Mahlberg zur Seite.
Sie berichtet: „In Deutsch habe ich L. zum Beispiel einen Text vorgelesen, in dem zwei unterschiedliche Meinungen vertreten wurden. L. machte sich Gedanken, welche Meinung sinnvoller ist, und ich schrieb das Ergebnis ihrer Überlegungen auf. So sind wir ein gut eingespieltes Team geworden.“ Auch die Pausen verbrachten die beiden jungen Frauen zusammen, denn in der Pausenhalle war es für L. zu laut. So unterhielten sie sich in einem ruhigeren Raum oder Regina Mahlberg las etwas vor.
„Mir hat das freiwillige Jahr großen Spaß gemacht“, betont Regina Mahlberg. Zuerst musste sie sich allerdings an ihre Aufgabe gewöhnen und hatte anfangs zum Beispiel noch Angst, L. bei bestimmten Hilfsgriffen weh zu tun. Für beide war es eine große Hilfe, dass sie sich schon in den Sommerferien aneinander gewöhnen und bei L. zu Hause „üben“ konnten. Als die Schule dann anfing, klappte alles schon richtig gut. „L. spricht sehr offen über ihre Behinderung, das hat mir geholfen,“ erklärt die junge Freiwillige.
Viele fragen sich: „Was bringt mir ein Freiwilliges Soziales Jahr?“. Für Regina Mahlberg ist das klar: „Ich habe sehr viel gelernt in den vergangenen Monaten. Zum Beispiel habe ich heute einen anderen Blick auf meine Mitmenschen, bin aufmerksamer geworden und höre genauer auf meine innere Stimme.“ Da scheint es schon ganz natürlich zu sein, dass sie nach dem Ende des Freiwilligen Sozialen Jahres ein Sonderpädagogik-Studium beginnt – und später vielleicht noch eine Ergotherapie-Ausbildung anschließt. So geht es vielen anderen Freiwilligen, die erste Erfahrungen in sozialen Berufen beim Karren gesammelt haben, berichtet der Geschäftsführer des diakonischen Vereins Peter Stößel. In diesem Jahr sind 12 Freiwillige beim Karren tätig, die meisten als Schulbegleiter, andere aber auch in Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderungen.
Bei Regina Mahlberg war es eher Zufall, dass sie den für sich optimalen FSJ-Platz gefunden hat. Sie wollte ursprünglich etwas ganz anderes machen, hörte dann aber während eines Beratungsgesprächs bei der Diakonie von der Möglichkeit, als Schulbegleiterin eingesetzt zu werden. „Diese Aufgabe hat mich spontan interessiert. Wenn man nur eine Person begleitet ist der Kontakt sehr intensiv und man lernt sich sehr gut kennen.“
Die Freiwilligen sind eine wichtige Stütze für die Arbeit des Karren, besonders seitdem es keine Zivildienstleistenden mehr gibt. „Wie die meisten anderen Anbieter von Freiwilligendiensten ist es uns sehr wichtig, die Freiwilligen gut auf ihre Tätigkeit vorzubereiten und ihnen immer mit Rat und Tat zur Seite zu stehen“, sagt Annette Schiff, die einige der freiwilligen Schulbegleiter beim Karren betreut.
Am Ende des Schuljahres trennten sich die Wege von Regina Mahlberg und der Schülerin L.; die während des Freiwilligendienstes entstandene Freundschaft wird aber bleiben.
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